In dem Projekt IRIS geht es um die Entwicklung von individuellen resorbierbaren Darmstents.
Im Rahmen der HOOU startete das Projekt im Juli 2020. Gründe für die Entfernung von krankhaft entzündeten Darmanteilen können beispielsweise Tumore, Engstellen, schwere Durchblutungsstörungen und Perforationen sein. Im Regelfall können die Darmteile durch eine chirurgische Naht im Anschluss wieder verbunden werden. In seltenen Fällen führt der aggressive Inhalt des Magendarmtrakts (Magensaft, Galle, Pankreassekret oder Stuhl) allerdings zu einem Aufreißen der Naht mit erneuter Leckagebildung, sodass die Wunde nicht mehr selber verheilt. Der konstante Austritt von Darmsekret ist dann mit einer hohen Einschränkung der Lebensqualität verbunden, die von Pflegebedürftigkeit bis hin zu Nierenversagen reicht. An gut zugänglichen Stellen wie der Speiseröhre oder dem Ende des Dickdarms werden heute beispielsweise Stents eingesetzt, die nach erfolgter Heilung wieder entfernt werden. Gerade bei Dünndarmdefekten ist dies aktuell aber nicht möglich, da der mehrere Meter lange Dünndarm endoskopisch nicht zugänglich ist und somit ein Stent nach der Heilung nicht mehr entfernt werden kann. Ein im Körper verbleibender Stent würde aufgrund von überschießender Narbenbildung zu einer erneuten Engstelle des Darms führen. Aus diesem Grund sollen Stents aus resorbierbaren Materialien entwickelt werden, die sich nach dem Einsetzen dann im Verlaufe der Heilung selber auflösen. Der Herausforderung im Prozess von der medizinischen Problemstellung zur technischen Lösung wird durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Fachbereichs Endoskopie des UKE mit dem Institut für Kunststoffe und Verbundwerkstoffe der TUHH begegnet.
Ziel des Projektes ist es Menschen künftig helfen zu können, deren Heilungsaussichten und weitere Lebensqualität bislang nicht gegeben sind. Dazu sollten am Ende des Projektes Prototypen für die resorbierbaren Stents zur Verfügung stehen. Die Entwicklungsschritte werden in OER dokumentiert. Diese sollen als Informationsmaterial für Mediziner, Betroffene und Angehörige dienen. Des Weiteren sollen sie interessierten Studierenden als Beispiel für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Produktentwicklung von Medizinern, Materialwissenschaftlern und Ingenieuren dienen und die Entwicklungsschritte nachvollziehbar zeigen. Mit Hilfe der dabei entstehenden OER sollen aber auch Öffentlichkeit, Krankenkassen, Herstellerfirmen und die Politik über die Problematik aufgeklärt werden, um weitere Unterstützung zu bekommen und damit zukünftig immer mehr Menschen helfen zu können.
Eine der größten Herausforderungen war dabei die Interdisziplinarität des Projektes. Wir mussten erstmal einige Gespräche führen, damit wir die „Fachsprache“ des jeweils anderen (Medizin und Ingenieurwesen) verstehen konnten. Geholfen hat dabei auch das Einbinden von Studierenden, die im Rahmen des Projektes ihre Abschlussarbeiten schreiben. Wir konnten drei Masterstudierende aus dem Studiengang Mediziningenieurwesen, die quasi in beiden „Welten“ zuhause sind, für unser Projekt begeistern und damit unser Team verstärken. Dass das ganze Projekt während einer Pandemie stattfindet hat es nicht erleichtert, aber mit Hilfe von Videokonferenzen (Abbildung 1) konnten wir dem gut begegnen. Was man ebenfalls nicht vergessen darf ist, dass Marcus Kantowski vom UKE als Arzt tätig ist und daher stark eingebunden ist, täglich Patienten zu versorgen. Um teure Missverständnisse zu vermeiden haben wir uns außerdem auch für eine digital unterstützte Produktentwicklung entschieden. Finite-Elemente Modellierungen helfen viele Prototypen frühzeitig ohne größeren Kostenaufwand numerisch testen zu können.
Abbildung 1: Videokonferenz mit einem Teil des IRIS Teams.
Eine weitere Herausforderung war damit gegeben OER zu erstellen zu einer Fragestellung die technisch erst noch gelöst werden muss. Wie man mit diesem parallelen Prozess umgehen kann, haben wir in Zusammenarbeit mit dem Team der HOOU erarbeitet.
Um einen Überblick über die Thematik zu bekommen haben wir zunächst eine Mindmap (Abbildung 2) erstellt. Dabei haben sich die folgenden wichtigen Themen in dem Komplex ergeben:
Abbildung 2: Mindmap zum Themenkomplex der Entwicklung von Darmstents
Dabei ist zu beachten, dass die Bereiche nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Einige Materialien lassen sich nur mit bestimmten Fertigungsverfahren bearbeiten und einige Designs können besonders effektiv mit bestimmten Fertigungsverfahren realisiert werden. Auf dieser Basis erfolgte dann die Arbeit am Projekt, wobei folgende Fortschritte verzeichnet werden konnten:
- bestehend aus den 2 Projektleitern
- 1 Oberingenieur
- 1 wissenschaftlicher Mitarbeiter
- 3 studentischen Mitarbeitern (HiWi)
- 3 studentischen Arbeiten (MS)
- Studie über biologisch resorbierbare Polymere, die in der Medizin eingesetzt werden können
- Planung der experimentellen Untersuchung der Abbaubarkeitsdauer der resorbierbaren Polymere in der Darmumgebung
- Studie über mögliche Stentstrukturen, die die komplexen Anforderungen erfüllen
- Erarbeitung von Konzepten zur Individualisierung
- Studie über mögliche Herstellverfahren der unterschiedlichen Stentstrukturen
- Herstellung von Stentstrukturen mittels des Wickelverfahrens
- Bau einer Strickmaschine zur automatisierbaren Herstellung der Stentstrukturen für Vorversuche und zur Demonstration
- Bau einer Flechtmaschine zur automatisierbaren Herstellung der Stentstrukturen für Vorversuche und zur Demonstration
- Verwendung eines 3D-Druckverfahrens zur automatisierbaren Herstellung der Stentstrukturen
- Start der Vorhersage der mechanischen Eigenschaften und Verformungsmöglichkeiten durch die Finite Elemente Methode (Virtuelle Analyse)
- Einarbeitung eines Lehrmoduls über biologische und biologisch abbaubare Polymere und der hier geleisteten Entwicklungsarbeit in die Lehre
- Erstellung eines Lernangebotes um den Themenkomplex der Entwicklung von resorbierbaren Darmstents. siehe Lernangebot
- Interview zu Herausforderungen zwischen Medizin und Technik siehe Lernangebot
- Bereitstellung von Informationen zu den Herausforderungen bei der Behandlung von Darmdefekten. siehe Lernangebot
Bei den OER handelt es sich um Videos mit denen die Informationen präsentiert werden und durch anschließende Fragen mit H5P Elementen wird das Verständnis gefestigt. Aufgrund der Komplexität des Themas und der oben beschriebenen Herausforderungen konnten wir noch nicht alle relevanten Themenbereiche in unserem Lernangebot adressieren. Die Themen Materialauswahl, Designs und Fertigungsverfahren sollen in Zukunft noch in der OER erörtert werden, wenn die noch laufenden technischen Arbeiten abgeschlossen sind.
Wir bedanken uns für die Unterstützung durch das Team der HOOU und hoffen in Zukunft durch die Entwicklungen aus unserem Projekt Patienten Chancen auf einen Heilungserfolg zu geben und damit neue Perspektiven zu schaffen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Sven Drücker
IRIS ist Projekt der HOOU an der TUHH:
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