Wie machen wir OER? Einblicke bei tub.torials

Wie machen wir OER? Einblicke bei tub.torials

Ideen- und Umsetzungsprozesse


Was bedeutet OER überhaupt?

Über Open Educational Resources (OER) gibt es viel zu lesen. Kurz zusammengefasst handelt es sich um offene Bildungsmaterialien, die gemeinfrei oder unter einer offenen Lizenz zur Verfügung gestellt werden.Interessierte können das veröffentliche Material kostenlos nutzen, für eigene Lehr-Lerneinsätze bearbeiten und auch weiterverbreiten. Je nach Lizenz mit keinen oder nur wenigen Einschränkungen.

Kreativität und Form der Umsetzung sind keine Grenzen gesetzt. Zu jedem Inhalt kann mit jedem Medium ein OER erstellt werden. Ein einfaches Handout, Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia-Anwendungen, Podcasts, Interaktive Webelemente – alles was im Lernszenario hilfreich ist – ist willkommen. Beachtet werden sollten dabei die 5 Freiheiten für Offenheit nach Wiley.

Was sich in der Theorie einfach anhört, kann aber sowohl für Anfänger_Innen als auch absolute Koryphäen immer wieder eine Herausforderung sein.

Beim HOOU-Projekt tub.torials ist die OER-Material-Erstellung u.a. abhängig von den Bildungsmaterial-Ersteller_Innen, von Thema und Vorstellung des finalen Lehr-Lernmaterials. Während der Erstell-Prozess viele Vorgehensformen haben kann, soll in diesem Beitrag ein typischer Ablauf grob skizziert werden, mit dem beispielsweise der Beitrag Was bedeutet eigentlich Open Science? entstanden ist.

1. Start – Worum geht es bzw. was ist unsere Idee?

Um ein OER zu erstellen ist für uns zunächst eine Initialzündung nötig. Diese entsteht oftmals aus 2 Situation bzw. Fragen heraus:

  • Gibt es einen konkreten praktischen Bedarf (beispielsweise aus dem Austausch mit Studierenden oder Kolleg_innen)?
  • Entspringt die Idee dem eigenen Arbeits- bzw. Studienalltag?

Oftmals führen wir individuell eine Art Ideenjournal. Geistesblitze werden hier beispielsweise über Mindmaps, Stichwörter oder mal mehr, mal weniger hochwertige “Konzeptzeichnungen” festgehalten. Haben wir dann wesentlich später eine konkretere Idee bzw. Vorstellung, so können auch “ältere” Einfälle wieder problemlos aufgegriffen werden und gehen nicht verloren. Auch Klemmbausteine oder kreative Schreibansätze kommen bei der (Weiter-)Entwicklung von Ideen zum Einsatz.

Anstoß für eigene OER-Ideen gibt es über die aufgeführten Anlässe hinaus auch durch andere offene Bildungsmaterialien.

Ausgangspunkt für den Open-Science-Regenschirm: wie kann “Open Science” verständlicher erklärt werden?

2. Material – Gibt es schon was?

Als nächstes stellt sich natürlich die Frage, ob es eventuell schon etwas gibt? Und wie immer bei Rechercheaufgaben gilt: viele Wege führen nach Rom beziehungsweise zu offenen Lernmaterialien. Meine erste Anlaufstelle ist immer die HOOU-Webseite:

Auf der HOOU-Plattform lassen sich offene Bildungsmaterialien recherchieren.

Hier gibt es bereits zahlreiche offene Bildungsmaterialien (sowie Lernangebote und -Teams). Werde ich her nicht fündig, weite ich meine Suche über OERHoernchen.de aus:

Über OERhörnchen.de können verschiedene Suchoptionen genutzt werden.

Über unterschiedliche Suchoptionen lassen sich u.a. deutschsprachige OER-Projekte und Bildungsangebote durchsuchen. Weitere Suchmöglichkeiten wie die Mediensuche ermöglichen auch das durchsuchen von Angeboten wie flickr, Wikimedia Commons oder europeana. Auch eine komplette Websuche über Google mit Lizenzoptionen (bspw. “Ausschließlich nach Inhalten mit OER-kompatibler Lizenz / gemeinfreien Inhalten suchen”) ist möglich.

Sollten wir passendes Material gefunden haben, so gilt es nun die Lizenzvorgaben zu beachten.

3. Lizenzen – Was ist zu beachten?

OER-Materialien im Hochschulbereich sind oftmals mit einer CC-Lizenz (Creative Commons) versehen. Neben offiziellen Informationen zu den einzelnen Lizenzen sei auch noch diese visuelle Übersicht von Jöran Muuß-Merholz ans Herz gelegt:

CC-Lizenzen übersichtlich erklärt (Foto: CC BY SA 3.0 by Jöran Muuß-Merholz).

Diese funktionieren nach dem Baukastenprinzip, wobei vier Module zur Verfügung stehen:

  • Namensnennung
  • Nicht kommerziell
  • Keine Bearbeitung
  • Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Diese Module lassen sich miteinander kombinieren, wobei wir uns bei selbst erstellten Materialien für die Veröffentlichung mit einer CC BY 4.0-Lizenz (Namensnennung) entschieden haben. Somit wollen wir eine Be- und Weiterverarbeitung unserer Materialien ohne Einschränkungen ermöglichen. Die einzige Pflicht besteht in der Namensangabe.

Planen wir einen Remix zwischen eigenen und fremden Materialien, so ist der OER-Mixer ein hilfreiches Tool, um eventuelle Lizenzprobleme frühzeitig zu erkennen. Erstellen wir also beispielsweise einen Blogbeitrag und wollen für die Illustration nicht (nur) auf eigene Fotos zugreifen, so muss geklärt werden ob und wie die jeweiligen Lizenzen miteinander harmonieren.

4. Umsetzung – Welches Tool nutzen wir?

Egal ob wir nun von Grund auf neues Bildungsmaterial erstellen oder bereits bestehendes Lernmaterial mit unseren Ideen erweitern und remixen: an dieser Stelle stellt sich die Frage, mit welchen “Werkzeugen” wir unsere Umsetzung gestalten.

Anwendungen gibt es viele. Wer Interesse hat, ist auch herzlich zu unserem Aufruf Tools für OER eingeladen. Hier sind bereits zahlreiche digitale Werkzeuge von engagierten Bildungsmacher_Innen unterschiedlichster Bereiche eingetragen worden, die noch in ein nachhaltiges, offenes Format überführt werden sollen.

Für tub.torials sind oftmals kollaborative Schreib- und Ideenentwicklungsprozesse sowie interaktive Elemente relevant. Hierfür wird u.a. auf folgende Werkzeuge zurückgegriffen:

  • Etherpad
    Wenn es um schnelle Erfassung von Ideen in Textform geht, so nutzen wir die TU-Instanz des Etherpads. Ohne Registrierung können hier alle Interessierten ein eigenes Pad für kollaborative Schreibprozesse aufsetzen.
  • HackMD
    Wenn mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Komplexität benötigt werden, so greifen wir auf das markdownbasierte CodiMD zurück. Neben der TU-eigenen Instanz ist auch die Instanz der Open Knowledge Foundation empfehlenswert. Hier lassen sich je nach Version Illustrationen in Texte einbinden, aus Texten unmittelbar Präsentation erstellen oder Lernangebote – die in einem gewohnten Webseitendesign dargestellt werden – über die Bookmode-Ansicht erstellen.
  • Gitlab
    Die TU-Instanz von Gitlab bietet zahlreiche Funktionen, die für kollaborative Projektarbeiten hilfreich sind. Neben der Möglichkeit eigene Wikis aufzusetzen, nutzen wird diese, um die Projektorganisation übersichtlicher zu gestalten. Aufgaben (issues) werden angelegt, Teammitglieder können sich diese selbst zuweisen. Die Aufgaben durchlaufen dann in einer Art Kanboard die Bearbeitungsstufen Open (Aufgabe, Aufgabenbeschreibung und Ablageort stehen), Doing (Aufgabe wird bearbeitet, über die Kommentarfunktion können Updates und Teamdiskussionen stattfinden), Review (Funktioniert das interaktive Element wie geplant, gibt es Bugs oder Verbesserungsvorschläge?) und Closed (Aufgabe bzw. OER-Material ist fertiggestellt und veröffentlicht).
  • H5P
    Interaktive Elemente bauen wir mit Hilfe der offenen Anwendung H5P. Hier lassen sich z.B. interaktive Bilder, Videos oder Textaufgaben erstellen, ohne das Programmierkenntnisse notwendig sind. Für den Beitrag Was bedeutet eigentlich Open Science? haben wir – auf Basis von Erfahrungen mit Studierenden und Kolleg_Innen hinsichtlich den Herausforderungen rund um das Thema Open Science – nach Erstellung der Zeichnung so den Content-Typ “Image Hot Spots” genutzt, um einzelne Begrifflichkeiten mit weiteren Informationen auf Mausklick anzureichern. Für die Einarbeitung in H5P bietet sich das Ausprobieren der Beispiele auf der H5P-Webseite an, mit denen wir viel im Hinblick auf unsere eigenen Vorstellungen experimentiert haben. Mittlerweile gibt es auch gute Einführungen wie eine Testumgebung ohne Registrierung sowie eine H5P-Übersicht mit Schwierigkeitsgradeinschätzung des jeweiligen Aufgabentypen von Nele Hirsch, die den Einstieg zusätzlich erleichtern.
Kollaboratives Schreiben ohne Registrierung und technisch absolut unkompliziert: Mit Etherpad lassen sich schnell erste Ideen im Team festhalten.
Mehr Komplexität und Gestaltungsmöglichkeiten ermöglichen Hackpads durch die Möglichkeit Videos, Bilder oder auch interaktive Elemente wie H5P-Inhalte einzubinden.
Gitlab kann viel: Bei tubtorials wird u.a. die Aufgabenkommunikation für alle Teammitglieder über “issues” transparent gehalten.
Dank H5P lassen sich ohne Codierkenntnisse interaktive Elemente erstellen.

5. Lizenz – Erstellung über den Bildungsteiler

Nachdem wir das Material fertiggestellt haben und Texte, Titel, Beteiligte (sowie weitere Metadaten) final stehen, geht es an die Erstellung des Lizenzhinweises. Für diese nutzen wir diesen Bildungsteiler. Hier kann über eine Formulareingabe ein maschinenlesbarer Lizenzhinweis generiert werden, der ohne großen Aufwand in unsere Blogbeiträge eingebunden werden kann. Somit lassen sich die entsprechenden Materialien bei der Recherche über die gängigen Suchtools gezielt finden.

Maschinenlesbare CC-Lizenzen lassen sich einfach mit dem Bildungsteiler von Matthias Andrasch erstellen.

6. Multiplikation – Sharing is caring

Unsere OER-Materialien bieten wir auf unserer Webseite tub.torials an. Hier haben wir aktuell gute Möglichkeiten, Beiträge mit interaktiven Elementen auf unsere Bedürfnisse hin aufzubereiten. Über die HOOU-Webseite weisen wir auf das Projekt hin. Zusätzlich haben wir ein eigenes Gitlab-Repositorium, wo wir beispielsweise unsere Blogbeiträge sowie die dazugehörigen Medien (Illustratioen, Videomaterial, H5P-Elemente, etc.) in offenen (Markdown) sowie gängigen Formaten (Docx, PDF) zur freien Verfügung stellen.

7. Feedback – Austausch mit Anderen

Wenn es sich bei unserem Material um einen Remix bereits vorhandener Materialien, öffentlich geteilter Ideen oder andere Formen der Insipration von anderen Bildungsmacher_Innen handelt, so ist es für uns wichtig, den Ideengeber_Innen Bescheid zu geben. Für uns gehört dies einerseits zum guten Ton, andererseits entsteht hier oftmals auch eine gute Basis für weiteren Austausch oder gemeinsame Projekt- bzw. Materialideen.

Habt ihr noch Fragen zu unseren Erstellprozessen oder dem tub.torials-Projekt? Teilt es uns gerne über die Kommentare, über tub.torials oder Twitter (Florian Hagen, Thomas Hapke) mit. Wir freuen uns auf einen Austausch 🙂

Dieser Beitrag wurde verfasst von Florian Hagen

Weitere Beiträge